Lab News | 14.12.2020

Diversity findet den Weg in die Ausbildung an Journalistenschulen

Manchmal reicht nur ein Anruf, um die Theorie in die Praxis zu bringen. Und so kam es, dass Diversity nun an der Burda Journalistenschule gelehrt wird. Damit greift das Ausbildungszentrum eines der aktuell wichtigsten Themen der Medienbranche auf und macht seine Volontär:innen zukunftsfit.

Im Zuge der Open Innovation Challenge Vielfalt meldete sich Nikolaus von der Decken, Leiter der Burda Journalistenschule, bei uns im Media Lab Bayern. “Wir finden die Sofortlösungen, die ihr gefördert habt, gut - aber wir wollen mehr”, lautete die Kernaussage. “Warum Diversity nicht gleich in das Curriculum implementieren?” Da konnten wir nur sagen: “Ja, da hat er Recht!”. So war die Idee geboren, Diversity als festen Bestandteil in die Journalist:innenausbildung bei Burda zu integrieren.

Wir im Media Lab stehen für Innovation. Das bedeutet, wir schreiben das Wort nicht nur auf die Visitenkarte, wir arbeiten und leben wirklich so. Das heißt auch, dass wir Neues ausprobieren, Erfolge feiern und Scheitern als Chance begreifen, um es zukünftig besser machen zu können. Es gibt also keinen Grund Angst vor neuen Ansätzen zu haben. Es gibt nur etwas zu gewinnen! Und genau deshalb gab es inzwischen schon zwei Remote-Abende mit den Nachwuchsjournalist:innen der Jahrgänge 19 und 20 zum Thema Diversity. Innerhalb von acht Wochen haben wir die Idee in die Realität überführt. Für solch ein komplexes Thema ist das ein riesiger Step. Let´s get Diversity into Media! Und wo soll das besser gehen als bereits in der Ausbildung?

Die erste Fragestellung von Nikolaus von der Decken lautete: “Wo bekommen wir eine geeignete Person her, mit einem Journalismus und Diversity-Background ?” Da hatte ich den Überraschungseffekt auf meiner Seite. Denn er telefonierte gerade mit genau so jemanden: Ich bin ausgebildete Journalistin mit Elternteilen aus Chicago und Stuttgart.

Die zweite Frage, nämlich wie man so etwas am besten aufzieht, war auch schnell gelöst. Anstatt von oben herab zu diktieren, holte Niko die engagierte Volontärin Juliane Funke mit ins Boot. Sie hatte sich mehr Informationen zum Thema Diversity gewünscht. Im Telefonat mit ihr steckten wir die Ziele der ersten Veranstaltungen ab: “Die Volontär:innen haben viele Fragen und würde dazu gern mit jemanden sprechen, der sich auskennt”. Schnell stellte sich heraus, dass ein lockeres Gespräch zum Thema der passende Einstieg sein könnte. Und so vereinbarten wir zwei “Kaminabende”. Das ist ein schönes Konzept der Journalistenschule, in dem Volontär:innen auf etablierte Journalist:innen treffen, und in Gesprächen Erfahrungswerte austauschen.

Juliane stellte schon vor dem ersten Termin Fragen von den Volontär:innen zusammen und schicke sie mir zu. Ich hatte nicht mit so vielen Fragen gerechnet. Ich war positiv beeindruckt, wie viele Gedanken zum Thema Diversity in den Köpfen der Nachwuchsjournalist:innen rumgeisterten, und dass sie sich wirklich aus eigenen Antrieb so dahinterklemmen wollten. Bereits da wusste ich, dass das Thema in der Ausbildung richtig platziert ist.

Auf Grund der Pandemiesituation fanden die Termine nicht wirklich vor einem Kamin, sondern vor dem Rechner statt. Die Atmosphäre war aber trotzdem vertraut und warmherzig. Jeder konnte sich in diesem geschützten Raum frei äußern. Persönliche Fragen wie “Was war die krasseste diskriminierende/rassistische Erfahrung, die du (im Job) je gemacht hast?”, konkrete Fragestellung zur aktuellen Lage wie “Was bedeutet es für die Medienlandschaft, wenn Redaktionen wenig bis gar nicht divers sind?” und auch kritische Fragen fanden ihren Platz. Wir sprachen über konkrete Handlungsansätze, die direkt mit in die Ausbildungsredaktionen der Volontär:innen genommen werden können. Aber auch über die Schwierigkeiten, alte Konstrukte aufzubrechen, wurde gesprochen.

Die Volontär:innen berichteten aus ihrem Alltag. Die Verunsicherung bei dem Thema Diversität zeigte sich beispielsweise, als eine Teilnehmerin berichtete: “Da habe ich mich nicht getraut, das Bild einer dunkelhäutigen Frau zu wählen, weil es vielleicht in der PoC Community mißverstanden wird und wir einen Shitstorm bekommen könnten. Die Frau trug ein Kleid, das war schwarz-weiß. Ich hatte bedenken, dass das falsch wirken könnte”. Meine Antwort darauf lautete: “Du bist heutzutage niemals gefeit vor dem Unmut im Netz. Spreche mit dem zuständigen Redakteur, und traue dich, dieses Bild in die Auswahl zu nehmen. Es ist schön, dass du offen bist und darüber nachdenkst, ob es in dem Fall PoC verletzten könnte. Es geht dir um das Kleid und da ist nichts verwerfliches daran. Dein Gedankengang zeigt, dass du bewusst mit Diversity umgehst und das ist der erste Schritt für mehr Vielfalt in der Bildsprache. Aus Angst etwas falsch zu machen, verbauen wir uns sonst den Weg, tatsächlich mehr Diversität in die Medien zu bringen”.

Ich bemerke, dass sich die Schüler:innen durch die Bank mehr Vielfalt in “ihren” Magazinen wünschen. Sei es in der Bildauswahl, der Textgestaltung oder dem Drumherum. So kommt beispielsweise der Vorschlag auf, bei Expert:innen mehr auf Personen mit diversem Background zu setzen. In vielen Formaten seien die Ratgebenden, zum Beispiel Ärzte in Gesundheitsformaten, sogar mit Foto abgedruckt. Ein schöner Vorschlag, der mit wenigen Handgriffen mehr Diversität abbildet. Ich freue mich sehr darüber.

Der Kaminabend mit den Volontär:innen war sehr umfassend und voller Highlights. Dieser Text bildet nur einen kleinen Teil davon ab, denn der geschützte Rahmen des Gespräches soll natürlich gewahrt bleiben. 2021 ist ein ganzer Unterrichtstag zum Thema Vielfalt geplant. Dass man so dynamisch das Curriculum anpasst, ist nicht selbstverständlich. Das Wort Gamechanger bzw. Gamechangerin beschreibt laut Duden eine Person oder etwas, das bisher geltende Regeln und Mechanismen [grundlegend] verändert. Ich denke, mit der Implementierung von Diversity in den Unterricht ist ein großer Schritt getan.

Wenn auch du Fragen zum Thema Diversity hast oder mehr Diversity in dein Unternehmen bringen möchtest, dann schreib mir oder meinen Kolleg:innen im Lab. Du weißt ja jetzt: Wir sind maximal einen Anruf entfernt.

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