Abschlussarbeiten im Media Lab | 23.06.2021

Innovativer Content statt Papierberge: Lokalzeitung für junge Menschen

Lokale News sind für viele relevant, erreichen aber lange nicht alle: Junge Menschen scheinen von den Inhalten, der Aufbereitung und dem Layout deutscher Lokalzeitungen nur wenig begeistert. Lässt sich zwischen Lokalpresse-Redaktionen und der jungen Zielgruppe eine Brücke bauen?

Morgens wird sie als erstes aus dem Briefkasten geholt. Sie raschelt beim Versuch sie zwischen Kaffeetasse und Frühstücksbrötchen zu balancieren und der Geruch nach frischer Druckertinte steigt in die Nase: Für viele der älteren Generationen gehört die gute, alte Printzeitung zum Morgenritual. Besonders beliebt ist die Lokalpresse. Sei es der Bau einer neuen Umgehungsstraße, das Programm des Stadtfestes oder die traurige Nachricht, dass der ehemalige Rektor aus der eigenen Schulzeit verstorben ist, man bleibt informiert. Das Konzept bewährte sich seit Jahrzehnten und statt zielgruppenorientierter Weiterentwicklung, machen die meisten Redaktionen so weiter, wie sie das eben schon immer machen.

Das Problem: Unhandliche Papierberge und Berichte über den Tag der offenen Tür des Seniorenheims sprechen junge Leser:innen meist eher wenig an. Sie informieren sich stattdessen über die Sozialen Netzwerke, lesen online Artikel und nutzen online Audio- und Videoangebote. Für die klassische Lokalpresse heißt das: Die Älteren sterben, die Jüngeren erreicht man nicht. Als Konsequenz sinken die Abonnementzahlen drastisch: Laut dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger sind die Abonnements von lokalen und regionalen Zeitungen allein in den letzten 20 Jahren um 40 Prozent gesunken - auf nur noch rund neun Millionen. Die dezentrale Lokalberichterstattung kämpf um die eigene Existenz. Aber wie erreicht man die 18- bis 30-Jährigen?

Mein Weg zur Lokalpresse

Ich bin selbst Teil dieser jungen Zielgruppe und habe mich auch lange nicht für Lokalpresse interessiert. Bis Mitte zwanzig habe ich in einer mittelgroßen Universitätsstadt in Süddeutschland gelebt. Die Lokalpresse kannte ich von klein auf, meine Eltern hatten schon immer ein Abo. Angefangen, die Lokalzeitung zu lesen, habe ich erst, als ich längst ausgezogen war, mein erstes journalistisches Praktikum in genau dieser Redaktion gemacht hatte und selbst für die Zeitung schrieb. Nicht weil ich dann plötzlich gemerkt hatte, dass mich die Themen vom Hocker hauen, sondern schlicht weil ich nun die Gesichter hinter den Autor:innennamen kannte und mir mehr journalistische Skills aneignen wollte. Ich würde mich nicht als uninteressierte Person einstufen. Ich lese viel, höre Podcast und schaue Videoreportagen. Mich hat aber weder die Themenauswahl der Lokalpresse, noch der Stil oder das Layout angesprochen. Ich vermute, dass ich nicht die Einzige meiner Generation bin, der es so geht.

Am Interesse scheint es nicht zu mangeln

Deshalb habe ich eine nicht-repräsentative Umfrage mit 245 Personen im Alter von 18 bis 30 Jahren durchgeführt. Auf die Frage, ob die Inhalte der Lokalzeitungen ihnen relevant erscheinen, sagten 59 Prozent „geht so“ und fast neun Prozent sogar „nein“.

Trotzdem gaben immerhin 54 Prozent der Teilnehmenden an, an lokalen Nachrichten interessiert zu sein. Das hat meine Annahme bestätigt: Es muss sich was tun. Aber was? Auf die Frage, was sich die Teilnehmende meiner Umfrage von der Lokalpresse wünschen, wiederholten sich einige Schlagbegriffe: „kritischere Berichterstattung“, „mehr Social Media“ und „optisch moderner“.

Das ist natürlich erstmal sehr vage. Es wird aber klar: Die Printversion einfach als Onlinepaper anzubieten, wird nicht ausreichen. Wie eine Annäherung der Lokalpresse an jüngere Menschen konkreter aussehen könnte, möchte ich in meiner Masterarbeit erforschen. Dafür werde ich erneut mit jungen Menschen und auch mit Lokalredaktionen und den dahinter stehenden Chefredakteur:innen sprechen. Schließlich soll daraus eine Art Handlungskatalog für Lokalzeitungen entstehen, der wissenschaftlich fundiert Antworten auf die Frage liefert: Wie erreicht die Lokalpresse junge Leser:innen?

Linda hat nun ihr Basic Research Program, den ersten Teil unseres Förderprogramms für Abschlussarbeiten, abgeschlossen und kann mit ihrer Masterarbeit bei uns richtig durchstarten. Wir sind gespannt, was sie zur innovativen Neugestaltung von Lokalzeitungen herausfindet!

Ein Artikel von

Linda Peikert

Linda Peikert hat Allgemeine Rhetorik und Spanisch im Bachelor studiert. Inzwischen lebt sie in Berlin, studiert Kulturjournalismus an der Universität der Künste und arbeitet als freie Autorin. Seit Mai 2021 ist sie Stipendiatin des Media Lab Ansbach.

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