Abschlussarbeiten im Media Lab | 25.10.2022

Geschichten im Raum: Mehr Bewusstsein beim Medienkonsum

Die interaktive Inszenierung kann digitale Medien- und Erzählinhalte mit realem Raum verknüpfen und sie dadurch greifbar machen. Welche Chancen und Möglichkeiten ergeben sich im Hinblick auf einen bewussteren Medienkonsum?

Das digitale Zeitalter bringt einen nie endenden Strom aus Medieninhalten, Informationen und Formaten mit sich. Und alle konkurrieren um die Zeit und Aufmerksamkeit der Empfänger:innen. Die unzähligen Eindrücke aus verschiedensten Medien können dadurch immer weniger bewusst wahrgenommen werden. Teilweise lösen sie auch eine Abstumpfung oder gar Überforderung aus.

Dabei ist es selten die Tageszeitung am Frühstückstisch, die eine solche übersättigende Wirkung auf die Leser:innen hat. Viel eher entsteht diese durch zeit- und ortsunabhängige digitale Medien, die den permanenten und parallelen Medienkonsum begünstigen.

Die Unterschiede dabei? Schauplatz und Interaktionsablauf. Für die Zeitung am Morgen sind ein konkreter Zeitslot und Ort vorgesehen. Es wird aus einer mental und körperlich entspannten Haltung heraus gehandelt. Das hat beinahe einen Ritual-Charakter. Mobile Medien hingegen werden häufig nebenbei konsumiert. Zum Beispiel als Berieselung in Situationen, in denen der Fokus eigentlich ganz woanders ist. Die Informationen werden von links nach rechts gewischt, ohne wirklich aufgenommen zu werden. Meist einziger Interaktionspunkt: ein Finger. Und genau das kann sich auf das Bewusstsein für die gezeigten Inhalte auswirken.

Wie man mit interaktiv-installativem Storytelling positive Effekte erzielen kann, habe ich deshalb für meine Bachelorarbeit untersucht und praktisch auf die Probe gestellt.

Bewegung schafft Bewusstsein

Eine interaktive Erfahrung, die sich nicht allein auf die Augen und Zeigefinger oder Daumen bezieht, steigert die Aufmerksamkeit bei der Mediennutzung. Denn: Mehr Sinne, die angesprochen werden, bedeuten mehr Fokus und Wahrnehmung. Zudem bildet die körperliche Bewegung einen Grundpfeiler des menschlichen Bewusstseins. Je mehr eine Person also körperlich wie auch mental involviert wird, desto intensiver nimmt sie die betreffenden Inhalte wahr. Involvierung meint dabei das selbstbestimmte Handeln und Teilhaben. Sie regt die Neugier an und führt zu einer verstärkten Aufmerksamkeit und Wissensbildung.

Warum also nicht gleich einen ganzen Raum, durch den sich die Medienkosument:innen real bewegen können, zur interaktiven Mediendarstellung nutzen? Und zwar so, dass der Raum eine neuartige Benutzeroberfläche bildet, die mit dem ganzen Körper bedient wird anstatt mit nur einem Finger.

Genau das versuchen sogenannte interaktive Rauminstallationen und -inszenierungen. Mit Erfolg.

Raum und Erzählung als die perfekte Symbiose

Storytelling ist in aller Munde. Dabei sollen Informationen durch eine erzählerische Aufbereitung verbildlicht und dadurch verständlicher und zugänglicher gemacht werden. Es kann emotionalisieren, aktivieren und so dazu motivieren, sich mit einer Thematik bewusster auseinanderzusetzen. Die perfekten Voraussetzungen also, es mit dem realen Raum und seinen bewusstseinsfördernden Eigenschaften zu verbinden.

Durch die Integration einer Erzähl-Thematik in eine Umgebung, die mit dem Körper erfahren werden kann, profitieren sowohl die Story als auch die räumliche Umgebung. Und nicht zu vergessen: die Besucher:innen. Denn diesen kann durch solche interaktive Rauminszenierungen ein ganz besonderes Erlebnis geboten werden, bei dem sie selbst die Fäden in der Hand haben. Denn der interaktive Raum lebt von den Handlungen und Interaktionen seiner Besucher:innen. Das macht ihnen ganz automatisch die eigene Rolle in der Interaktion mit den Medieninhalten deutlich. Im interaktiven Raum geschieht Medienkonsum aktiv und bewusst - oder gar nicht.

Der Praxistest: Eine interaktive Rauminstallation für bewusstes Wahrnehmen

Diese Effekte konnte ich auch anhand meiner eigenen interaktiven Rauminstallation feststellen, die ich im Rahmen der Bachelorarbeit entwickelte. Es handelt sich um eine interaktive Projektion am Boden eines Raumes, deren visuelle Erscheinung auf die Bewegungen der Besucher:innen reagiert.

Das Ergebnis: Sichtbare Freude an dem Erlebnis und große Faszination bei allen Personen, die die Installation testeten. Unabhängig von Alter, Vorerfahrung und Medienkompetenz.

Die interaktive Inszenierung stellt keine Form der alltäglichen Mediennutzung dar. Aber als eindrucksvolles Event schafft sie es, für den bewussten Umgang mit Medien zu sensibilisieren. Und das bleibt nachhaltig in Erinnerung und wird mit in den Alltag - mit in die Flut aus Medien - genommen.

Ramona hat nun das Förderprogramm für Abschlussarbeiten durchlaufen. Du hast auch ein spannendes Thema? Melde dich bei uns!

Ein Artikel von

Ramona Gihr

Ramona Gihr hat gerade ihr Bachelorstudium im Studiengang Medienkonzeption an der Hochschule Furtwangen abgeschlossen. Die kreativen Gestaltungsmöglichkeiten von Interaktion und Information mithilfe unterschiedlicher digitaler Medien faszinierten sie dabei besonders. Daher möchte sie sich im Master “Design Interaktiver Medien”, den sie direkt im Anschluss an den Bachelor beginnt, weiter damit auseinandersetzen.

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