Best Cases | 20.12.2021
Medienkonsum bei den Kleinsten - Aktive Jungnutzer:innen statt passiver Berieselung
Auch bei jungen Kindern muss Bildschirmzeit nicht bedeuten, dass man sie vor YouTube Kids parkt und sie vom Algorithmus bespielen lässt - auch wenn gegen gelegentlichen passiven Medienkonsum sicher nichts einzuwenden ist. Doch was, wenn es noch Alternativen gäbe? Eine, die Kindern ermöglicht, aktiv mit Medien umzugehen, die auch weit entfernte Elternteile oder Großeltern einbezieht und den Jugendschutz quasi automatisch mitliefert? Das Startup Lesido schickt sich an, genau so eine Lösung zu bauen. Und das ist auch für die Verlagsbranche interessant.
Auch bei jungen Kindern muss Bildschirmzeit nicht bedeuten, dass man sie vor YouTube Kids parkt und sie vom Algorithmus bespielen lässt - auch wenn gegen gelegentlichen passiven Medienkonsum sicher nichts einzuwenden ist. Doch was, wenn es noch Alternativen gäbe? Eine, die Kindern ermöglicht, aktiv mit Medien umzugehen, die auch weit entfernte Elternteile oder Großeltern einbezieht und den Jugendschutz quasi automatisch mitliefert? Das Startup Lesido schickt sich an, genau so eine Lösung zu bauen. Und das ist auch für die Verlagsbranche interessant.
Denn Lesido versteht sich als “Netflix für Kinderbücher”, das aber mehr tun will, als nur Bilder- und Erstlesebücher verschiedener Verlage online zugänglich zu machen. Kern der Idee ist eine integrierte Funktion für Videocalls inklusive gemeinsamer Steuerung des vorliegenden Buches. So können entfernt lebende Onkel, Mütter auf Geschäftsreise oder Großeltern im Ausland trotz räumlicher Distanz Kindern zwischen zwei und acht vorlesen, mit ihnen gemeinsam Bücher auswählen und so an deren Medienkonsum teilhaben.
Erste Experimente mit Zoom
“80% der Großeltern wohnen zum Beispiel in größerer räumlicher Distanz zu ihren Enkelinnen und Enkeln”, sagt Lesido-Gründer Peter Frank. “Durch digitales Vorlesen mit Interaktion schaffen wir es, dass die nicht nur unkompliziert am Leben ihrer Kindeskinder teilhaben können - wir erfüllen auch das implizite kindliche Bedürfnis nach Lernen und Geschichten”. Seine Mitgründerin Janina Jauch hat einen pädagogischen Hintergrund, ist Mutter und weiß, wie wichtig Vorlesen für Kinder ist. Vor der Entwicklung von Lesido behalf sie sich deshalb mit Bilderbuch-PDFs und Zoom. Das kam bei allen Beteiligten so gut an, dass bald Freund:innen nachfragten, ob sie die PDFs nicht auch nutzen könnten - die Idee für Lesido war geboren.
Nach diesem ersten Hinweisen auf echtes Nutzerinteresse hat Lesido inzwischen auch viel “richtigen” User Research betrieben und die Idee validiert. Die Vorlesenden sind begeistert - und die Kinder haben Spaß. “Mit so jungen Kinder kann man natürlich keine aufwändigen Nutzerinterviews führen. Aber Kinder sind dafür ehrlich: Wenn es ihnen nicht gefallen würde, würden sie einfach aufstehen und etwas anderes machen”, sagt Peter. Und die Kinder machen mit - so sehr, dass das Modell auch für die Verlagsbranche interessant geworden ist.
Eigene Kinderbücher sollten mithilfe von Nutzerdaten entstehen
Lesido konnte bereits einige hochkarätige Verlage überzeugen, Bücher für ihr Angebot zu lizenzieren - in Deutschland und auf der ganzen Welt. Einige Bücher, zum Beispiel von britischen oder indischen Publishern, sind auf Lesido exklusiv auf Deutsch verfügbar und ermöglichen eine große Bandbreite an Geschichten und Perspektiven beim Vorlesen.
In Zukunft sollen auch “Lesido Originals” folgen - selbstgeschriebene Kinderbücher. Dabei kann Lesido dann auf (selbstverständlich anonymisierte) Nutzerdaten zugreifen, um ganz wie Netflix die Themen zu bedienen ,die die junge Kundschaft am meisten interessieren. Besser als mit Fokusgruppen kann das Team so Bücherentwicklung betreiben - und dieses Wissen perspektivisch auch an Verlage weitergeben.
Daten sind eine Ergänzung, kein Ersatz für Kreativität
Diese Beratung könnte dann ein weiterer Baustein in der Monetarisierung des Startups geben - ohne dabei die Verlage einzuschränken. "Denn Daten und messbare Präferenzen sind zwar ein gutes Hilfsmittel - ein Gegensatz oder eine Alternative zur Kreativität der Autorinnen und Autoren sind sie aber nicht", ist Peter überzeugt. Auch bei Netflix hat schließlich die solide Datenbasis Blockbuster wie House of Cards hervorgerbracht - und die wenigsten würden wohl behaupten, dass es sich dabei nicht um eine gute Serie handeln würde. Auch die Verlagswelt kann davon profitieren, Kreativität mit wertvollen Daten anzureichern.
Bevor Lesido allerdings das House of Cards der Kinderbuchwelt schreiben kann, ist das Team erst einmal damit beschäftigt, ihr Angebot auf mehr Plattformen verfügbar zu machen, zusätzliche Features aufzubauen und natürlich mehr Bücher zum digitalen Vorlesen verfügbar zu machen. Denn das Team ist überzeugt: Spätestens seit Beginn der Pandemie gehen Kinder ganz natürlich mit Zoom und anderen digitalen Medien um - umso wichtiger, dass sie dort auch Content und Verbindungen finden, die sie wirklich weiterbringen.