Media Research & Development | 07.12.2020

Pay as you read Lösung für den Nachrichtenkonsum junger Leser:innen

Das Leseverhalten von jungen Leserinnen und Lesern hat sich verändert. Aktuell gibt es keine passenden Abo-Lösungen, die dem digitalen Nachrichtenkonsum der Leser:innen entsprechen. Damit junge Leser:innen zukünftig einen besseren Zugang zu journalistischen Inhalten erhalten, hat die Neue Osnabrücker Zeitung eine Pay-as-you-read Lösung für Online-Angebote erarbeitet.

Um dem veränderten Nachrichtenkonsum der unter 30-Jährigen nachzugehen, nimmt ein Expertenteam der NOZ MEDIEN an dem Projekt #UseTheNews der dpa und führenden Partnern aus den Medien und der Medienforschung teil. Ziel des Projektes ist es, neue Informationsangebote für die junge Zielgruppe zu entwickeln. Die Produktentwicklung der NOZ MEDIEN fand im Rahmen des Research & Development Fellowship Programms des Media Lab Bayern unter dem Namen #UseTheNews Team Product statt. Zu den Teammitgliedern gehören Tobias Zitzke, Constanze Wessels und Lisa Knemeyer.

Einhergehend mit der zunehmenden Digitalisierung hat eine Veränderung des Nachrichtenkonsums eingesetzt. Dies macht sich vor allem bei den Digital Natives bemerkbar. Digital Natives sind Personen, die in einer bereits digitalisierten Welt aufgewachsen sind. Sie navigieren mühelos durch das Internet und wissen, wo sie sich für bestimmte Themen informieren können. Aufgrund der Tatsache, dass sie kostenlos auf viele verschiedene Nachrichtenanbieter zurückgreifen können, wird die lokale Tageszeitung nicht als primäre Nachrichtenquelle angesehen.

Aus diesem Grund wollten wir als Projektteam herausfinden, welche nachrichtenbezogenen Bedürfnisse die junge Zielgruppe hat. Außerdem wollten wir ermitteln, welcher Produktrahmen gegeben sein muss, damit die jungen Leser:innen dazu bereit sind, auch kostenpflichtige Lokalnachrichten zu konsumieren. Aus der Teilnahme an dem R&D Fellowship im Media Lab Bayern sollte hervorgehen, welche Produktfeatures und/oder Funktionen gegeben sein müssen, um ein entsprechendes Produkt zu vermarkten. Als Team #UseTheNews Product konzentrierten wir uns dabei auf den Produktrahmen, bestehend aus User Experience, Technik, Funktionalität, Image und Preis. Die journalistischen Inhalte spielten für uns erstmal nur eine Nebenrolle.

Mit Hilfe einer bottom-up Herangehensweise sollte direkt bei der jungen Zielgruppe erfragt werden, wie ihr Nachrichtenkonsum aussieht, worauf sie Wert legen und welche Bedürfnisse derzeit nicht erfüllt werden. Dies erfolgte im ersten Schritt in Form von Problem-Interviews. Dafür haben wir zunächst Personen aus der jungen Zielgruppe identifiziert. Folgende Aspekte waren uns wichtig: Unter 40 Jahre alt, nachrichtenaffin und mindestens zwei Stunden Smartphone-Screentime pro Tag. Wir führten insgesamt zehn Interviews von maximal jeweils 30 Minuten. Ausgangslage war dabei das Verhalten der Gesprächspartner:innen, wenn diese auf die Paywall auf noz.de stoßen.

Die Nutzerbefragungen ergaben, dass die junge Zielgruppe in den meisten Fällen an der Paywall abspringt und kein Abonnement abschließt. Dies hat unterschiedliche Gründe. Zum einen haben sie das Gefühl, dass sich ein Abonnement für das Leseverhalten, welches sie aktuell pflegen, nicht lohnen würde, da sie nur gelegentlich Artikel auf noz.de lesen möchten. Sie informieren sich lieber breit gestreut über viele unterschiedliche Kanäle, z.B. über Social Media und möchten sich nicht an einen Anbieter binden.

Auch der Zeitaufwand bei der Eingabe der Daten wurde kritisiert: “Wenns nur ein Log-in ist - da bin ich manchmal einfach zu faul, um mich da jetzt irgendwie wieder einzuloggen. Da ist es der Zeitaufwand, der mich davon abhält.” Außerdem wurde angemerkt, dass die kostenlosen Inhalte und Überschriften oftmals ausreichen und nicht klar ist, wie viele Informationen sich hinter der Paywall befinden.

Grundsätzlich wird der Konsum von journalistischen Inhalten jedoch nicht abgelehnt. Sofern die junge Zielgruppe die Zeit und Muße aufbringen kann und möchte, eignen sie sich umfassendes Hintergrundwissen zu bestimmten Themen an. Einige Nachrichtenanbieter versuchen die junge Zielgruppe mit Hilfe junger Formate zu überzeugen. So starteten einige Medienhäuser spezielle Formate wie etwa ze:tt oder bento. Eine Studie von DER SPIEGEL hat jedoch herausgefunden, dass die junge Zielgruppe sich bereits mit den Kernprodukten identifiziert und es daher keinem jungen Format bedarf. So ist auch zu erklären, warum einige Medienhäuser ihre Formate für junge Zielgruppen wieder auflösen. Aufgrund der Tatsache, dass die junge Zielgruppe Nachrichten überwiegend über soziale Netzwerke konsumiert, benötigt sie darüber hinaus auch keine spezielle Nachrichten-App.

Eine große Hürde stellt die Konkurrenz zu kostenfreien Nachrichteninhalten dar. Digital Natives sind es gewohnt, ihre journalistischen Inhalte frei zugänglich im Internet vorzufinden. Dadurch entsteht eine geringe bis keine Zahlungsbereitschaft. Um dem entgegenzusteuern, besteht bei einigen Nachrichtenanbietern die Möglichkeit einzelne Artikel/Ausgaben via Micropayment-Funktionen zu erwerben. Hierzu sagte die 21-jährige Charlotte in unserer User-Research jedoch: “In der Handhabung und der Bedienung ist es natürlich leichter, wenn man nicht immer wieder bei jedem Artikel auswählen muss, ob man über Paypal oder Kreditkarte oder wie auch immer bezahlen möchte.” Daraus lässt sich ableiten, dass die ständige Inanspruchnahme von Micropayment-Varianten auf Dauer sehr zeitaufwendig und nervig ist.

Das mühelose Navigieren im Internet der jungen Zielgruppe führt dazu, dass sie sich nicht mehr auf eine Nachrichtenplattform fokussieren, sondern ihr Meinungsbild mit Hilfe diverser Quellen festigen. Diesem Bedürfnis geht beispielsweise das Angebot von Readly nach. Kunden haben hier Zugang zu Inhalten von verschiedenen Nachrichtenanbietern, wobei die Auswahl von verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen bis hin zu Magazinen reicht. Jedoch müssen Kunden bei Readly eine gesamte Ausgabe kaufen, einzelne Artikel lassen sich nicht beziehen.

Auf Grundlage der Interviews wurde unser „DigitalYoung“ Format entwickelt, welches in Anlehnung an eine Bestpreis-Variante konzipiert wurde. Das bedeutet konkret: Die junge Zielgruppe erhält nach einmaliger Registrierung Zugang zu allen Inhalten auf noz.de. Jeder gelesene Artikel wird mit 10 Cent bepreist. Die Anzahl der Artikel wird im Verlauf eines Monats getrackt, um am Monatsende nur die gelesenen Inhalte über die bei der Registrierung angegebene Zahlungsmethode abzurechnen.

Um die Hürde des Registrierens zu mindern, werden unseren Kunden zehn Freiartikel geschenkt. Dies soll zudem die Etablierung von Lesegewohnheiten unterstützen. Das ganze Modell ist mit einem Maximal-Preis verknüpft. Nutzer:innen des DigitalYoung-Formats bezahlen maximal 4,90€ pro Monat.

Diese Idee haben wir weiteren Personen der jungen Zielgruppe in Form von Lösungsinterviews vorgestellt. Dafür wurden verschiedene Ansichten einer alternativen Paywall als Pretotyp graphisch erstellt und den Interviewpartnern gezeigt. Das DigitalYoung-Modell wurde von den Interviewpartnern sehr positiv aufgenommen. Carolin, 22 Jahre alt, sagte beispielsweise: “Wenn das Abo erstmal abgeschlossen ist, muss ich mich um nichts mehr kümmern. Das finde ich ziemlich cool, das Programm.”

Um die Gesprächsergebnisse mit den Interviewpartner:innen anhand einer größeren Nutzergruppe zu überprüfen, sollen im nächsten Schritt unterschiedliche Ansichten der Paywall getestet werden. Derzeit arbeiten wir an der technischen Umsetzung, damit A/B-Tests an der echten Paywall auf noz.de durchgeführt werden können. Die Testergebnisse sollen uns darin bestätigen, entsprechende Änderungen flächenübergreifend für die junge Zielgruppe vorzunehmen.

Die Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG ist eine Verlagsgesellschaft der NOZ MEDIEN, die gemeinsam mit mh:n MEDIEN täglich mehrere regionale Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von rund 460.000 Exemplaren in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern herausgibt. Mit circa 3.000 Mitarbeiter:innen zählt NOZ MEDIEN zu den größten Verlagshäusern Deutschlands.

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