Abschlussarbeiten im Media Lab | 25.10.2024

Wie Erzählperspektiven auf Social Media Frauen stärken können

Durch die gezielte Nutzung von Ich-Perspektiven auf Plattformen wie Instagram können weibliche Nutzerinnen ihre führungsbezogene Selbstwirksamkeit steigern und so mehr Führungspositionen anstreben. Ein neuer Blick auf die Rolle sozialer Medien in der Gleichstellung.

Die Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen bleibt ein wichtiges gesellschaftliches Ziel, doch der Weg dorthin ist oft von strukturellen Hürden und kulturellen Normen geprägt. In vielen Branchen sind Frauen in leitenden Positionen immer noch unterrepräsentiert. Das liegt nicht an mangelnden Qualifikationen, sondern an unsichtbaren Barrieren. Ein entscheidender Hebel sind Vorbilder: Wenn Frauen sehen, dass andere Frauen erfolgreich Führungsrollen übernehmen, kann sie das motivieren, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen.

Ein Faktor mit überraschend großem Potenzial, um Frauen auf ihrem Weg in Führungspositionen zu unterstützen, ist die strategische Nutzung von Social Media. Insbesondere die Erzählperspektive auf Plattformen wie Instagram kann dabei eine Schlüsselrolle spielen. Wie genau funktioniert das und warum ist die Perspektive, aus der eine Geschichte erzählt wird, so entscheidend?

Die Macht der Ich-Perspektive

In der Studie für meine Bachelorarbeit habe ich analysiert, wie Social-Media-Beiträge von weiblichen Führungskräften wirken, wenn sie aus der Ich-Perspektive geschrieben sind. Es stellte sich heraus, dass Posts, die in der Ich-Form verfasst sind, das Gefühl der führungsbezogenen Selbstwirksamkeit bei den Leserinnen deutlich erhöhen. Selbstwirksamkeit beschreibt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – ein entscheidender Faktor, um Führungsrollen zu übernehmen. 

Diese Erkenntnis zeigt, dass persönliche und authentische Erzählungen von Frauen auf Social Media wirkungsvoll sein können. Wenn eine Führungskraft ihre Erfahrungen aus der Ich-Perspektive schildert, entsteht eine vertrauensvolle Atmosphäre. Leserinnen können sich so stärker mit dieser Person identifizieren. Sie erkennen, dass Hindernisse überwunden werden können. Das stärkt ihr eigenes Selbstbewusstsein.

Eine Frau, die über ihren Werdegang, ihre Herausforderungen und Erfolge spricht, vermittelt Authentizität und Nahbarkeit. Die Ich-Form vermittelt den Followerinnen den Eindruck, die Führungskraft spreche persönlich mit ihnen. Diese Nähe fördert das Gefühl, dass ähnliche Erfolge für die Leserinnen erreichbar sind.

Identifikation schafft Nähe

Ein zentrales Ergebnis der Forschung war, dass sich weibliche Nutzerinnen stärker mit Führungskräften identifizieren, wenn diese authentisch und direkt über ihre Herausforderungen und Erfolge sprechen. Diese Identifikation stärkt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten, sodass sie sich Führungsverantwortung eher zutrauen.

Die psychologische Theorie besagt, dass Menschen, die sich mit einer Person identifizieren, deren Perspektive und Gefühle temporär übernehmen. Dadurch entsteht eine Verbindung, die es den Leserinnen ermöglicht, die Erfolge und Herausforderungen auf ihr eigenes Leben zu übertragen. Auf Plattformen wie Instagram, wo die Interaktion oft durch Kommentare oder Likes weiter verstärkt wird, entsteht so eine Art parasoziale Beziehung – eine einseitige Beziehung, die dennoch stark emotionale Bindungen aufbauen kann.

Die Plattformen bieten dabei eine ideale Bühne: Durch die regelmäßige Veröffentlichung von persönlichen Geschichten und die direkte Ansprache der Followerinnen kann ein Gefühl der Nähe und Vertrautheit entstehen. Diese parasozialen Beziehungen sind ein mächtiges Werkzeug, um die Motivation der Followerinnen zu stärken und sie zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen.

3rd-Person-Narrative: Mehr Distanz, weniger Wirkung?

Meine Untersuchungen zeigten auch, dass Beiträge in der dritten Person weniger Einfluss auf die führungsbezogene Selbstwirksamkeit hatten. Solche Posts wirken oft objektiver, aber auch distanzierter, was den Effekt der Identifikation schwächt. Frauen, die eine Führungskraft nur durch die Brille einer Erzählung von außen betrachten, scheinen sich weniger inspiriert zu fühlen, diesen Weg selbst zu gehen.

Das könnte daran liegen, dass die dritte Person eine Trennung zwischen der erzählenden Figur und der Rezipientin schafft. Der Beitrag wirkt weniger persönlich und die dargestellten Erfolge scheinen weniger erreichbar. Die distanzierte Erzählweise kann dazu führen, dass Leserinnen die Führungskraft als „anders“ wahrnehmen und ihre Erfolge nicht auf ihre eigene Lebensrealität übertragen.

Ein möglicher Grund für diesen Unterschied liegt in der Art, wie Menschen Informationen verarbeiten. Beiträge in der Ich-Perspektive werden oft emotionaler und persönlicher wahrgenommen, während Beiträge in der dritten Person analytischer und distanzierter wirken. Emotionale Erzählungen können stärkere Reaktionen hervorrufen und die Leserinnen motivieren, da sie das Gefühl haben, sich in der beschriebenen Person wiederzufinden.

Der Einfluss von Vorbildern und sozialem Vergleich

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle des sozialen Vergleichs. Frauen vergleichen sich oft unbewusst mit Vorbildern auf Social Media. Ein positiver Vergleich kann ihre Führungsmotivation und Selbstwirksamkeit stärken.

Die Ich-Perspektive verstärkt diesen positiven Vergleich. Die Leserinnen sehen nicht nur die Erfolge der Führungskraft, sondern bekommen auch Einblicke in ihre Herausforderungen und Unsicherheiten. Dadurch wird das Bild realistischer und greifbarer. Frauen erkennen, dass selbst erfolgreiche Führungskräfte mit ähnlichen Problemen kämpfen, was ihre eigene Selbstwirksamkeit steigert und sie dazu motiviert, ebenfalls Führungsrollen zu übernehmen.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Wenn mehr weibliche Führungskräfte gezielt die Ich-Perspektive in ihren Social-Media-Posts nutzen würden, könnten sie andere Frauen motivieren, Führungsrollen anzustreben. Dabei geht es nicht nur um das Teilen von Erfolgen, sondern auch um das ehrliche Beschreiben von Herausforderungen, um eine möglichst authentische und nahbare Darstellung zu gewährleisten. Die Leserinnen sollen das Gefühl bekommen, dass Führungskräfte nicht unfehlbar sind, sondern dass sie mit Entschlossenheit und Durchhaltevermögen ihren Weg gefunden haben.

Die Frage, wie Frauen gezielt als Führungskräfte gefördert werden können, hat viele Dimensionen. Doch Social Media bietet hier eine besondere Chance. Indem mehr Frauen ihre Geschichten und Erfahrungen teilen und gezielt die Ich-Perspektive nutzen, können sie anderen Frauen zeigen, dass auch sie das Potenzial haben, Führungsverantwortung zu übernehmen – egal in welcher Branche.

Es liegt also an uns, Social Media nicht nur als Unterhaltungskanal zu sehen, sondern als Werkzeug, das die nächste Generation von weiblichen Führungskräften inspirieren und stärken kann.

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Ein Artikel von

Eva Prieto Wunderlich

Eva Prieto Wunderlich hat ihren Bachelor in Medienkommunikation in Würzburg abgeschlossen und sich in ihrer Abschlussarbeit mit den Erzählperspektiven von Instagram-Posts und deren Wirkung auf Userinnen beschäftigt. Schon lange begeistert von der Vielfalt der Medien sieht sie deren größte Stärke darin, nicht nur zu unterhalten, sondern auch gesellschaftliche Themen zu reflektieren und neue Perspektiven zu eröffnen. Diese Verbindung von digitaler Kommunikation und gesellschaftlicher Relevanz ist ein roter Faden, der sich durch ihre Arbeit zieht.

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