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Abschlussarbeiten im Media Lab | 05.03.2025

Wie KI die Social-Media-Produktion beschleunigen kann

Künstliche Intelligenz verändert den Journalismus – doch kann sie wirklich Social-Media-Posts produzieren, die mit menschlichen Beiträgen mithalten? Ein Experiment bei der Süddeutschen Zeitung zeigt: Die KI spart Zeit, doch inhaltliche Schwächen sorgen für Nachbesserungsbedarf. Warum die Technologie als Assistenz taugt, aber (noch) kein Ersatz ist.

Der Versuchsaufbau: Von Zufallsgenerator bis Figma-Plugin

Künstliche Intelligenz verändert viele Arbeitsbereiche – auch den Journalismus. Aber kann KI wirklich journalistische Social-Media-Beiträge erstellen, die mit menschlichen Posts mithalten können? Wir machen den Test.

In einem randomisierten Experiment veröffentlichen die Social-Media-Kanäle der Süddeutschen Zeitung (SZ) vier Wochen lang täglich zwei Posts auf Instagram – sowie parallel auf Facebook und LinkedIn. Ein Zufallsgenerator entscheidet, welcher Beitrag mit KI-Unterstützung erstellt wird und welcher rein menschlich. Beide basieren jeweils auf einem SZ-Artikel, der natürlich nicht KI-generiert ist.

Um die journalistischen Qualitätsstandards der SZ sicherzustellen, gibt es eine doppelte Abnahme für die KI-generierten Posts: Zunächst prüft der Autor dieses Blogeintrags die Inhalte, dann erfolgt eine zweite Kontrolle durch eine speziell geschulte Redakteurin bzw. einen speziell geschulten Redakteur. Entscheidend: Die letzte Kontrollinstanz weiß nicht, ob der Post mit KI-Unterstützung erstellt wurde oder nicht – so bleibt die Bewertung objektiver.

Die statischen Social-Media-Posts der SZ werden mit der Grafikplattform Figma erstellt, weshalb auch das KI-Tool als Figma-Plugin selbst entwickelt wurde. Im Experiment testen wir ausschließlich kürzere Social-Media-Posts, die aus maximal zwei Sharepics bestehen. Die Hauptaufgabe der KI ist es, die Dachzeile, Überschrift und den Teaser für das jeweilige Format anzupassen und sprachlich für Social Media zu optimieren.

Das Plugin importiert die entsprechenden Daten von der SZ-Website, lässt den Text von Chat GPT kürzen und optimieren und baut den Output direkt in die Vorlagen ein. Der verantwortliche Redakteur kann dann die bessere Variante auswählen und optisch anpassen, bevor die Posts in die finale redaktionelle Qualitätskontrolle gehen.

Funktionsweise des Plugins im Schaubild
Funktionsweise des Plugins im Schaubild (Artikelfotos aus Urheberrechtsgründen nachträglich überdeckt)

Erste Ergebnisse: Schnelle Produktion, problematische Details

Die ersten KI-generierten Posts sind schnell erstellt – ein klarer Vorteil der Automatisierung. Auch die inhaltlichen Ergebnisse wirken auf den ersten Blick solide. Doch bei genauerem Hinsehen zeigen sich Probleme: Die KI paraphrasiert nahezu immer Überschriften und Teaser, oft ohne Mehrwert. Manchmal verändert sie sogar die Bedeutung: Aus einem Singular in der Überschrift wird ein Plural und damit unter Umständen aus einer richtigen Nachricht eine falsche.

Auch fehlt manchmal der historische Kontext. Ein Beispiel: Im August 2024 ist die Band Coldplay zu Gast im Münchner Olympiastadion. Zeitgleich gibt die britische Sängerin Adele in ihrer „Adele-World“ Konzerte. Grund genug für Coldplay, diese auf ihrem Konzert mehrfach zu erwähnen, die SZ titelt daher: „Coldplay schickt Liebesgrüße an Adele“. Die KI macht aus dieser Zeile ein „Coldplay überrascht mit Adele-Gruß“. Nun sind Bindestrich-Koppelungen im Deutschen nicht ungewöhnlich und gerade auch bei Boulevardmedien eher beliebt, die Koppelung mit „Gruß“ ist dabei allerdings eher negativ konnotiert, wird sie doch mit einer verfassungswidrigen Geste assoziiert.

Links: Input in Form des SZ-Artikels, Rechts: KI überrascht mit historischer Assoziation in der Überschrift
Links: Input in Form des SZ-Artikels, Rechts: KI überrascht mit historischer Assoziation in der Überschrift (Artikelfotos aus Urheberrechtsgründen nachträglich überdeckt)

Technische Probleme gibt es ebenfalls: Chat GPT sprengt häufig das Zeichenlimit, da Large Language Modelle meistens in Tokens statt in Zeichen „denken“ und mit Begrenzungen nicht optimal umgehen.

Fazit: Produktivitätsbooster mit großem Potenzial

Der Vergleich zwischen KI-gestützten und rein menschlichen Posts zeigt vor allem eines: enorme Zeitersparnis. Inhaltlich ist die Qualität der KI-generierten Posts jedoch durchwachsen. Ein wesentlicher Grund: Die KI erhält aus urheberrechtlichen Gründen nur Dachzeile, Überschrift und Teaser des Artikels – nicht den ganzen Text. Dadurch fehlt ihr oft das Verständnis für den gesamten Kontext, was zu häufigen Korrekturen führt. Fast kein mit KI-Unterstützung generierter Post konnte unverändert veröffentlicht werden.

Trotz dieser Schwächen hat das im Rahmen dieser Bachelorarbeit entwickelte Plugin großes Potenzial. Allein die Automatisierung der Workflows beschleunigt die Produktion erheblich. Um die KI-Unterstützung zu verbessern, braucht es jedoch gezielteres Prompting – also präzisere Instruktionen an die KI.

Ziel des Experiments war es, Redaktionen zu entlasten und das Tool kann genau das leisten – sofern es weiterentwickelt wird. Besonders spannend für die Zukunft: Tests mit dynamischen Inhalten wie Videos und längeren Karussell-Posts, wo das Potenzial für Effizienzgewinne noch größer ist.

Henri hat nun das Förderprogramm für Abschlussarbeiten durchlaufen. Du hast auch ein spannendes Thema? Melde dich bei uns!

Ein Artikel von

Henri Maiworm

Henri studiert im Master Politics & Technology an der Technischen Universität München (TUM). Seit 2018 arbeitet er bei der Süddeutschen Zeitung in verschiedenen Teams mit - viele Jahre davon als Werkstudent und Redakteur im Social Media Team. Dort kümmert er sich um die Weiterentwicklung der SZ auf den digitalen Plattformen und treibt die damit verbundenen Veränderungsprozesse voran.

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